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Überblick über die wichtigsten Änderungen der kürzlich in Kraft getretenen Reform des Sicherheitenrechts in Frankreich

21 April 2022

Überblick über die wichtigsten Änderungen der kürzlich in Kraft getretenen Reform des Sicherheitenrechts in Frankreich

Durch einen neuen Gesetzestext haben sich die Bestimmungen für Sicherheiten geändert. Dr. Thomas Ehrecke, LL.M., Partner der Kanzlei LPA-CGR, erläutert Inhalte und Folgen.

Die Verordnung Nr. 2021-1192 vom 15. September 2021, die am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist, und ihre Durchführungsverordnungen haben das Spektrum der Sicherheiten die Darlehensgebern zur Verfügung stehen (endlich) modernisiert, vereinfacht und vervollständigt. Ziel dieser Reform ist außerdem eine bessere Absicherung der Sicherheitengeber, weshalb sie neue Verpflichtungen für die Darlehensgeber vorsieht, die in den Genuss dieser Sicherheiten kommen. Die Folgen für die Finanzierung von Immobilien sind erheblich, denn die Reform bietet neue Strukturierungsmöglichkeiten sowie Klarstellungen und Vereinfachungen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Insolvenzbestimmungen im Buch VI des französischen Handelsgesetzbuchs umfassend reformiert. Dem wird hier soweit erforderlich Rechnung getragen.

Grundsicherheiten

Die Bestimmungen für Grundsicherheiten wurden umfassend geändert. An dieser Stelle können nur die wichtigsten Punkte erläutert werden. Das frühere gesetzliche Pfandrecht des Darlehensgebers (privilège de prêteur de deniers – PPD) wird durch eine gesetzliche Spezialhypothek ersetzt. Für sie gilt zwar weiterhin die steuerliche Vorzugsbehandlung des PPD, sie erwirbt ihren Rang aber (wie bereits vertragliche Hypotheken) erst am Tag ihrer Eintragung und nicht mehr rückwirkend zum Datum der Beurkundung. Die praktischen Folgen für Darlehensgeber sind angesichts der ansonsten in diesem Bereich üblichen Sorgfaltsobliegenheiten recht begrenzt. Es wird nun auch möglich sein, eine zukünftige Hypothek auf ein bestimmtes Objekt aufzunehmen, was wiederum einige (insgesamt doch eher theoretische) Debatten in Bezug auf die Frage nach der Erfüllung der für die Auszahlung einer Finanzierung erforderlichen Voraussetzungen beenden dürfte. Eine weitere praktische Erleichterung ist die Abschaffung der Notwendigkeit, im Falle eines Gläubigereintritts (subrogation) eine Hypothek für die Zinsen zu gewähren. Eine ergänzende Hypothek ist selbstverständlich weiterhin notwendig, wenn die Zinsen des neuen Darlehens über denen der refinanzierten Verbindlichkeiten liegen.

Erwähnung verdient ferner die Verpfändung beweglicher Gegenstände, die dem hypothekarischen Haftungsverband zugeschlagen sind (meuble par destination), wodurch ein Gegenstand aus dem hypothekarischen Haftungsverband herausgelöst und separat belastet werden kann, wie zum Beispiel Turbinen oder Sonnenkollektoren. Dieses Instrument ist natürlich vor allem für die Projektfinanzierung interessant. Allerdings ist bei der Nutzung solcher Sicherheiten im Rahmen einer globalen Transaktion Vorsicht geboten damit keine Konflikte mit anderen Immobiliensicherheiten entstehen.

Bürgschaften

Umfassende Veränderungen gab es bei der Bürgschaft. Der handschriftliche Vermerk, dessen Wortlaut bisher gesetzlich vorgegeben war, besteht zwar fort, darf aber frei formuliert werden unter der Voraussetzung, dass er bestimmte grundlegende Elemente enthält. Bei Mietverträgen für Wohnungen wird das entsprechende, durch das ELAN-Gesetz vereinfachte System wieder dem allgemeinen Recht unterstellt. Der Vermerk kann künftig auch elektronisch angebracht werden. Die Pflichten des Begünstigten wurden ausgeweitet: Er muss den Bürgen warnen, wenn dessen finanzielle Mittel unverhältnismäßig zur Bürgschaft sind, was mit einer teilweisen Hinfälligkeit der Bürgschaft sanktioniert wird. Bei einem offenkundigen Missverhältnis der Mittel eines Bürgen, bei dem es sich um eine natürliche Person handelt, zu Gunsten eines gewerblichen Gläubigers, wird die Sanktion in Zukunft reduziert, so dass die Bürgschaft einfach den finanziellen Mitteln des Bürgen angepasst wird (anstatt gänzlich nichtig zu sein). Der besicherte Gläubiger ist ferner verpflichtet den Bürgen, bei dem es sich um eine natürliche Person handelt, von einem Ausfall des Schuldners in Kenntnis zu setzen. Diese Verpflichtung ist Teil der Reform des Insolvenzrechts: Da der Bürge seine Forderung inzwischen bereits vor der Zahlung beim Insolvenzverwalter anmelden kann, muss er über diesen Ausfall informiert werden, damit er sein Recht tatsächlich ausüben kann. Ferner muss insbesondere auf die jährliche Verpflichtung des gewerblichen Gläubigers hingewiesen werden, den Bürgen bis zum 31. März jeden Jahres über die noch ausstehende Kapitalsumme, die aufgelaufenen Zinsen und die eventuellen Nebenkosten zu informieren. Ansonsten sind die seit der letzten Information aufgelaufenen Zinsen und Nebenkosten nicht abgesichert.

Dingliche Sicherheiten zu Gunsten Dritter

Hierbei handelt es sich um Fälle bei denen Personen eine Garantie nicht für ihre eigenen Verbindlichkeiten abgeben, sondern für die Schulden eines Dritten. Im gewerblichen Bereich handelt es sich insbesondere um Muttergesellschaften, die die Schulden ihrer Tochtergesellschaft sichern. Zum besseren Schutz dieser Dritten gelten künftig gewisse Bestimmungen für Bürgen auch für sie. Natürliche Personen, die Garantien gewähren, müssen gewarnt werden, wenn ihre finanziellen Mittel unzulänglich erscheinen. Sie müssen auch von einem Ausfall des Schuldners in Kenntnis gesetzt werden. Sämtliche Garantiegeber, ob natürliche oder juristische Personen, erhalten zum 31. März jedes Jahres eine jährliche Information über Kapital und Nebenkosten und können außerdem die Einrede der Vorausklage und des Regresses nutzen. Besonders wichtig ist dabei, dass diese Pflichten nicht nur für die seit dem 1. Januar 2022 bestellten Sicherheiten gelten, sondern auch für die vor diesem Datum gewährten Sicherheiten. Gewerbliche Gläubiger müssen daher die Sicherheiten prüfen, die sie von Dritten erhalten haben, um insbesondere ihrer neuen Verpflichtung zur jährlichen Information nachzukommen. Die operativen Folgen sind also nicht zu unterschätzen.

 

Forderungsverpfändungen

Die gängige Praxis, Pfandrechte in verschiedenen Rängen zu gewähren, wurde gesetzlich verankert. Der Schuldner der verpfändeten Forderung kann dem Begünstigten gegenüber nicht nur die mit der Schuld verknüpften Einreden geltend machen kann, sondern auch diejenigen, die sich aus seiner Beziehung zum Pfandgeber (d.h. dem ursprünglichen Gläubiger) ergeben, und zwar so lange bis ihm die Pfandbestellung zum Zwecke ihrer Drittwirkung zugestellt wurde. Daher ist es wichtig, die Pfandbestellung schnellstmöglich zuzustellen, um diese Drittwirksamkeit herzustellen. Die gängige Praxis, dem Schuldner die Pfandbestellung sofort zuzustellen (zwecks Drittwirkung) und gleichzeitig dem Zedenten zu erlauben, weiterhin Zahlungen aus der verpfändeten Forderung zu erhalten, bleibt laut den Gesetzesmaterialien ausdrücklich weiterhin möglich. 3 Die Beträge, die der Pfandnehmer vom Schuldner erhalten könnte, müssen auf einem Sonderkonto hinterlegt werden, solange die besicherte Schuld nicht fällig geworden ist.

Schließlich werden zukünftige Forderungen bereits zum Datum der Pfandbestellungsurkunde verpfändet (und nicht wie zuvor erst zum Datum ihrer Entstehung). Allerdings genießen sie bei Insolvenzverfahren keinen besonderen Schutz: Nach der Insolvenzeröffnung entstandene Forderungen sind nicht vom Pfandrecht erfasst.

Wichtige Innovation: Abtretung von zivilrechtlichen Forderungen zur Sicherheit

Diese Sicherheit ist eine Neuerung, die die Praxis grundlegend verändern könnte, insbesondere in der Immobilienfinanzierung. Bisher war die Forderungsabtretung zur Sicherheit (vereinfacht dargestellt) auf die Abtretung der gewerblichen Forderungen durch den Darlehensnehmer (in seiner Eigenschaft als Darlehensnehmer und nicht als Garant) an bestimmte Darlehensgeber begrenzt (sog. Dailly-Zession). Durch diese beiden Vorgaben wurden die in Frage kommenden Finanzierungsstrukturen begrenzt. In Zukunft kann jede bestehende oder künftige Forderung sowohl durch den Darlehensnehmer als auch durch einen Dritten im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen für die Abtretung zivilrechtlicher Forderungen zur Sicherheit abgetreten werden. Dadurch wird beispielsweise die Forderungsabtretung zivilrechtlicher Mieten (unter anderem Wohnungsmieten) oder die Forderungsabtretung an Fonds möglich (bei denen es sich nicht um Kreditinstitute oder andere laut französischem Währungs- und Finanzgesetzbuch zugelassene Rechtsträger handelt). Diese sind auf dem Markt durchaus zahlreich. Somit kommen indirekte Sicherheitskonstruktionen in Frage, die flexibler als bisher sind.

Zwei Aspekte sind dabei zu beachten: Wenn die Bedingungen für eine Forderungsabtretung gemäß Dailly- Gesetz erfüllt sind, so ist diese zu nutzen; im Unterschied zur Forderungsabtretung gemäß Dailly-Gesetz unterliegt die Abtretung von zivilrechtlichen Forderungen zur Sicherheit der Einstellung der Vollstreckung im Falle eines Insolvenzverfahrens.

Verpfändung von Effektenkonten

Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass auch hier die Möglichkeit gesetzlich verankert ist, Sicherheiten mit verschiedenen Rängen zu gewähren, dass das Dividendensonderkonto „compte espèces spécial“ nun „compte fruits et produits“ genannt wird, dass dieses Sonderkonto auch nach der Pfandbestellung eröffnet und verpfändet werden kann, und zwar bis zur Verwertung, und dass das Verwertungssystem vereinheitlicht wurde, unabhängig davon, ob es sich um öffentliche gehandelte Wertpapiere handelt oder nicht.

Verpfändung von Anteilen von sociétés civiles immobilières

Da nun das allgemeine Recht der Verpfändung beweglicher Sachen auf die Verpfändung von Anteilen an einer sociétés civiles immobilières (SCI) Anwendung findet, sind bestimmte technische Unsicherheiten ausgeräumt. Die Verpflichtung, die Pfandbestellung der Gesellschaft durch einen Gerichtsvollzieher zustellen zu lassen, wird aufgehoben (allerdings ist nach wie vor die Zustellung der in Betracht gezogenen Verpfändung an die Gesellschafter und an die Gesellschaft per Einschreiben mit Rückschein erforderlich). Auch kann eine Pfandverfallklausel vorgesehen werden mit der Folge, dass die Gesellschafter bei Verwertung des Pfandrechts nicht mehr informiert werden müssen und diese nicht mehr in die Rechte des Gläubigers eintreten können.

Abtretung von Geldbeträgen als Sicherheit

Auf die Einführung dieser neuen Sicherheit ist nur kurz hinzuweisen. Die Bestellung erfolgt durch die Übergabe eines Geldbetrags in Euro oder Devisen an den Gläubiger. Wenn dieser frei darüber verfügen darf, kann der Betrag als verzinslich vereinbart werden; ansonsten werden die aufgelaufenen Zinsen dem Pfandrecht zugeschlagen. Die Verwertung erfolgt durch Verrechnung. Damit ist nun das Instrument sui generis des gageespèces endlich genormt.

 

Dieser Artikel wurde ursprünglich in der Zeitschrift Immoweek am 22. Februar 2022 veröffentlicht.